Lipidtherapie: mit der richtigen Kombination zum Erfolg

Aktuelle Studien zeigen: Zu wenige Patientinnen und Patienten mit Hypercholesterinämie und hohem oder sehr hohem kardiovaskulärem Risiko erreichen die empfohlenen LDL-Cholesterin-Zielwerte. Wie lässt sich die Therapie effektiver gestalten?

 

 

Bildquelle (Bild oben): hooyahphoto/iStock

Von Daiichi Sankyo

 

11.03.2024

 

 

Geförderter Inhalt

 

 

Ziel mit Anspruch: LDL-C-Level senken

Daten aus der Vergangenheit zeigen, dass nur ein Fünftel der europäischen Patientinnen und Patienten mit hohem bzw. sehr hohem kardiovaskulärem (CV) Risiko die im Jahr 2019 von der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) empfohlenen Zielwerte für das Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) erreicht.1 Doch geht da nicht mehr? Dieser Frage widmete sich die SANTORINI-Studie, eine prospektive Beobachtungsstudie, die Einblicke in die Effektivität von lipidsenkenden Therapien im Behandlungsalltag gewährte. Eingeschlossen waren mehr als 9.000 Patientinnen und Patienten mit hohem oder sehr hohem CV-Risiko, die aus 14 europäischen Ländern stammten und in den Jahren 2020 und 2021 eine lipidsenkende Therapie erhielten.1

 

Das Ergebnis war ernüchternd: Jeweils mehr als zwei Drittel, genauer 76 % der Teilnehmenden mit sehr hohem Risiko und 68 % der Teilnehmenden mit hohem Risiko, verfehlten nach wie vor die in der Leitlinie definierten LDL-C-Zielwerte.1

 

Mehr zur Risikoklassifizierung und den empfohlenen LDL-C-Zielwerten lesen Sie hier .

Den Ursachen auf der Spur

Warum ist das so? Die Studienautorinnen und -autoren vermuten als ursächliche Faktoren einerseits eine Unterschätzung des CV-Risikos und andererseits den geringen oder suboptimalen Einsatz von Kombinationstherapien.1 Denn immer noch erhält weniger als ein Drittel der Betroffenen mit hohem oder sehr hohem CV-Risiko eine lipidsenkende Kombinationstherapie.1 Deutschland liegt sogar noch deutlich unter dem europäischen Durchschnitt: Nur 22,9 % der Teilnehmenden mit einem sehr hohen CV-Risiko bzw. 12,1 % mit einem hohen CV-Risiko erhielten hier mehrere lipidsenkende Wirkstoffe in Kombination.2

Warum so strenge LDL-C-Zielwerte?

Atherosklerotische kardiovaskuläre Erkrankungen (ASCVDs) sind weltweit immer noch die Todesursache Nummer 1.3 Um das ASCVD-Risiko betroffener Patientinnen und Patienten zu reduzieren, verschärften die ESC und die EAS in ihren im Jahr 2019 veröffentlichten gemeinsamen Leitlinien die LDL-C-Zielwerte in Abhängigkeit vom individuellen CV-Risiko:

 

Bei Patientinnen und Patienten mit sehr hohem und hohem CV-Risiko# empfehlen sie seither LDL-C-Werte von < 55 mg/dl (< 1,4 mmol/l) bzw. < 70 mg/dl (< 1,8 mmol/l) und zusätzlich eine mindestens 50%ige Senkung im Vergleich zum Ausgangswert.2, 4 Diese neuen Zielwerte gehen auf unterschiedliche Studien zurück, die zeigen konnten, dass die Entwicklung atherosklerotischer Plaques – welche mit einem erhöhten Risiko von kardiovaskulären Ereignissen einhergehen – gestoppt und sogar rückgängig gemacht werden kann. Eine Plaque-Regression wurde insbesondere in Studien beobachtet, in denen sehr niedrige LDL-C-Werte von < 70 mg/dl (< 1,8 mmol/l) erreicht wurden.5,6

Bessere Chancen mit Kombinationstherapien

Mit einer Monotherapie, die in 9 von 10 Fällen aus Statinen besteht2, sind diese Zielwerte kaum zu erreichen: Laut den Daten der SANTORINI-Studie gelang dies in Deutschland nur 12,7 % der Betroffenen. Bei der Anwendung einer Kombinationstherapie waren es dagegen 26,9 %.1 Aber welche Medikamente soll man wie kombinieren?

DGFF-Empfehlung: Bempedoinsäure* vor PCSK9-Hemmern

Referenzen

Die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen (DGFF) e. V. und das International Lipid Expert Panel (ILEP) empfehlen eine stufenweise Eskalation, wenn mit Statinen allein das LDL-C nicht ausreichend gesenkt wird (Abb. 1). Falls einer hochdosierte und hochpotente Statintherapie nicht ausreicht, wird zunächst die zusätzliche Gabe von Ezetimib empfohlen. Im nächsten Schritt soll zusätzlich Bempedoinsäure verordnet werden – vor dem Einsatz von PCSK9-Inhibitoren (PCSK9: Proproteinkonvertase-Subtilisin/Kexin Typ 9).11,12

Stufenschema zur Therapieeskalation bei Nichterreichen der LDL-C-Zielwerte Abb. 1: Stufenschema zur Therapieeskalation bei Nichterreichen der LDL-C-Zielwerte. Modifiziert nach der DGFF.11 DGFF: Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen (Lipid-Liga) e.V. PCSK9: Proproteinkonvertase-Subtilisin/Kexin Typ 9.

 

Die Zulassungsstudien zeigen, dass Bempedoinsäure das LDL-C effektiv senkt. Mit der kardiovaskulären Endpunktstudie CLEAR Outcomes wurde belegt, dass Bempedoinsäure zudem signifikant das kardiovaskuläre Risiko reduziert.13 Mit der oralen lipidsenkenden Dreifachtherapie können bereits in der hausärztlichen Praxis viele kardiovaskuläre Risikopatienten auf LDL-C-Zielwert gebracht werden, ohne dass durch Spezialisten mit PCSCK9-Hemmern intensiviert werden muss.8,14,15

 

Gut zu wissen:

Bempedoinsäure kann von Hausärztinnen und Hausärzten erst- und weiterverordnet werden – und zwar zu Statinen und Ezetimib.8

Fazit

Um die hohe Rate der CV-Ereignisse zu senken, sollten möglichst früh lipidsenkende Kombinationstherapien zum Einsatz kommen.16 Denn alle Beteiligten (Betroffene, Behandelnde und Gesundheitssystem) profitieren von frühen Präventionsstrategien mehr als von der Behandlung der kardiovaskulären Folgeereignisse.

 

 

# Die Klassifikation des CV-Risikos erfolgte zunächst durch den behandelnden Arzt/die behandelnde Ärztin. In mehr als 50 % der Fälle erfolgte die Risikobewertung der Patientinnen und Patienten auf Basis der ESC/EAS-Leitlinien von 2019; 39,3 % (Europa ohne Deutschland: 32,6 %) der behandelnden Ärztinnen und Ärzte klassifizierten das CV-Risiko der Teilnehmenden basierend auf ihrer klinischen Erfahrung – nationale Leitlinien wurden in Deutschland seltener herangezogen (4,5 %) als in den übrigen europäischen Ländern (10,8 %).

 

 

* Der Wirkstoff wird als Bestandteil von NILEMDO® und NUSTENDI® eingesetzt und wird angewendet bei Erwachsenen mit primärer Hypercholesterinämie (heterozygot familiär und nicht-familiär) oder gemischter Dyslipidämie, adjuvant zu einer Diät: entweder in Kombination mit einem Statin oder einem Statin zusammen mit anderen lipidsenkenden Therapien bei Patienten, die LDL-C-Ziele mit der max. verträglichen Statin-Dosis nicht erreichen oder als Monotherapie oder in Kombination mit anderen lipidsenkenden Therapien bei Patienten, die eine Statin-Intoleranz aufweisen oder bei denen ein Statin kontraindiziert ist.

Quellen

  1. Ray KK et al. Treatment gaps in the implementation of LDL cholesterol control among high- and very high-risk patients in Europe between 2020 and 2021: the multinational observational SANTORINI study. Lancet Reg Health Eur 2023;29:100624.
  2. Stuerzebecher PE et al. [Treatment and LDL cholesterol adjustment in patients with high and very high cardiovascular risk in Germany compared with Europe - data from the SANTORINI registry]. Dtsch Med Wochenschr 2023;148:55–64.
  3. Ray KK et al. World Heart Federation Cholesterol Roadmap 2022. Glob Heart 2022;17:75; unter: Cholesterol | CVD Roadmaps | World Heart Federation (world-heart-federation.org) (zuletzt aufgerufen am 28.11.2023).
  4. Mach F et al. 2019 ESC/EAS Guidelines for the management of dyslipidaemias: lipid modification to reduce cardiovascular risk. Eur Heart J 2020;41:111–88.
  5. Nissen SE et al. Effect of very high-intensity statin therapy on regression of coronary atherosclerosis: the ASTEROID trial. JAMA. 2006 Apr 5;295(13):1556-65.
  6. Chhatriwalla et al. The ASTEROID trial: coronary plaque regression with high-dose statin therapy. Future Cardiol. 2006 Nov;2(6):651-4.
  7.  NILEMDO® Fachinformation: Aktueller Stand (abgerufen am 28.11.2023).
  8.  Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) Anlage III Nr. 35a–c. Aktueller Stand; unter: https://www.g-ba.de/downloads/83-691-795/AM-RL-III-Verordnungeinschraenkungen_2023-05-12.pdf (abgerufen am 28.11.2023).
  9.  Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung; Anlage I: Anerkannte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden. Ambulante Durchführung der Apheresen als extrakorporales Hämotherapieverfahren. Aktueller Stand; unter: https://www.g-ba.de/downloads/62-492-3029/MVV-RL-2022-10-20-iK-2023-01-14.pdf (abgerufen am 28.11.2023).
  10. NUSTENDI® Fachinformation: Aktueller Stand (abgerufen am 28.11.2023).
  11. Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung von Fettstoffwechselstörungen und ihren Folgeerkrankungen DGFF (Lipid-Liga) e. V. Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen (2022); unter: https://www.lipid-liga.de/empfehlungen/ (abgerufen am 27.11.2023).
  12. Banach M et al. Bempedoic acid in the management of lipid disorders and cardiovascular risk. 2023 position paper of the International Lipid Expert Panel (ILEP). Prog Cardiovasc Dis 2023; 79:2–11.
  13. Nissen SE et al. Bempedoic Acid and Cardiovascular Outcomes in Statin-Intolerant Patients. N Engl J Med 2023:1353–1364.
  14. Gemeinsamer Bundesausschuss (G-BA). Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) Anlage III Nr. 35. Aktueller Stand; unter: https://www.g-ba.de/downloads/83-691-795/AM-RL-III-Verordnungeinschraenkungen_2023-05-12.pdf (abgerufen am 11.12.2023).
  15. Marcus H. Wie Sie ACL-Hemmer sicher verordnen. Hausarzt.digital. Unter: https://www.hausarzt.digital/politik/arzneimittel/wie-sie-acl-hemmer-sicher-verordnen-127519.html (abgerufen am 11.12.2023).
  16. Parhofer KG. Update Lipidologie – Evidenzbasierte Behandlung von Fettstoffwechselstörungen. Die innere Medizin 2023;7:611–621. 
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